Wortkolonnenkunst
Wer
sich dieser Tage dem GEA-Gebäude nähert, könnte schnell meinen, Zeuge
einer besonderen Form von Manager-Motivation zu werden:
"ALLESMUSSMANSELBERMACHEN" prangt in riesigen roten Buchstaben neben
dem Eingang.
Der, der das und auch die übrigen Exponate der neuen
Rotunden-Ausstellung selbst gemacht hat, heißt Babak Saed, beschäftigt
sich erst seit fünf Jahren professionell mit Kunst und hat doch schon
beachtlichen Preisruhm angehäuft. Und das, wie ab Sonntag bei GEA zu
sehen, mit durchaus sperriger Kunst, die sich paradoxerweise der
ältesten Kulturleistung bedient, derer sich die Menschheit rühmt: der
Sprache. Wortkünstler Saed hat die GEA-Rotunde zum Sprechen gebracht,
mal kommentarhaft als Spruch-Bebilderung der Empfangstheke oder der
Spiegel auf den Toiletten, mal verfremdend mit einer Audio-Installation
im gläsernen Fahrstuhl. "Fahren Sie bloß runter"", fragt eine
Frauenstimme, die dem sich vertikal bewegenden Besucher eine äußerst
flache Unterhaltung aufzwingen zu wollen scheint.
Die Galerien
unter dem Glasdach hat Saed mit seinen Sätzen wie mit Reklameschildern
gefüllt, darauf seine hintergründigen, ohne Abstand in Versalien
gedruckten Sentenzen. "GEFALLEICHIHNEN", steht dann da, oder
"KOENNENSIEMICHGENAUVERSTEHEN". Jeder Satz, sagt Saed, könne eine ganze
Geschichte erzählen, wenn man sich darauf einlasse. Die ungewohnte
Schreibweise diene der Konzentration, der Beschäftigung mit dem, was
man aus dem Eff-Eff zu beherrschen meint. Einen Muttersprachler mit den
eigenen Vokabeln zu überraschen und in neuen Austausch mit dem Wortsinn
treten zu lassen, das ist Saeds höchstes Vergnügen. "Ein schönes
Spiel", sagt er und schaut zufrieden auf seine Wortschlangen " ein
Spiel, mit dem sich Bedenkenswertes ausdrücken lässt.
Sprache sei
eigentlich das Medium schlechthin für Kunst im öffentlichen Raum, sagt
Saed, denn sie generiere kulturelle Identitäten. "Sobald jemand den
Mund aufmacht, verrät er doch, wer er ist": Sprache als Ausweis. Saeds
Sätze hingegen sind sozusagen Allgemeingut. Er erhebe keinen Anspruch
auf die Worte, meint Saed achselzuckend. Er hofft, dass sich die
Besucher der Ausstellung über die Form mit dem Inhalt auseinandersetzen
und ihn sich aneignen" man muss eben alles selber machen. Peter van Dyk
Babak Saed "Bleiben Sie bitte hier " bei mir", GEA-Center, Dorstener Str. 484, 25. Januar bis 15. April
Samstag, 24. Januar 2004 | Quelle:
Ruhr Nachrichten (Bochum)