Verschaukelte Kunst und schwerwiegende Steine
"Für Wissenschaftler ist Komplexität ein Problem, das es zu bewältigen gilt. Für Künstler ist Komplexität das Ziel, Lebendigkeit", so Willi Otrema, der die Schau konzeptioniert hat. Er wählte Arbeiten aus, die einfach scheinen - wenig materieller Auwand, überschaubare Erscheinung. Die den Betrachter aber überraschen mit Tiefgang, Anspielungen, Vielseitigkeit. 17 Künstler und Gruppen aus Deutschland und Belgien sind durch das Haus verteilt.
Da sind etwa die waghalsigen Versuche von Marcel Bleek: Auf einem Video ist etwa zu sehen, wie er versucht, zahlreiche Stapelstühle auf einem als Grundlage unterzubringen. Sein Streben, das das Scheitern einbezieht, provoziert, hat eine ironische Qualität, referenziert zugleich auf Balance und Ausgewogenheit als Kompositionsgrundlagen.
Das Traditionelle greift auch Barbara Hoheisel auf: Sie zeigt einen Keilrahmen. Einen überdimensionierten, durch Gurte unter Spannung gesetzt - die so nahezu spürbar ist. Ein körperliches Erlebnis wartet dank Babak Saed: Er lädt zum Schaukeln ein, konfrontiert mit Schrift und Auditivem. Ungelenk fühlt man sich bei diesen ersten Luftbewegungen, wird zwangsläufig zurückgeführt in die Kindheit, lauscht kurz, liest, genießt den Rausch.
Verwirrung erzeugt Ivo Mayr: Der aus dem Allgäu stammende Künstler zeigt Fotografien, in denen Menschen scheinbar schweben. Sehnsucht nach Heimat ist da, auch die brachiale Konfrontation von Beton-Stadt mit Wald-Natur. In ungewohntes Terrain führt Friederike Mainka - in einen hohen, düsteren Kellerraum: Der rauhen Außenhaut setzt sie ein filigranes Fadengespann entgegen. Unheimlich auch das Werk von "bassfrucht": Wie von Geisterhand scheint Geschirr zu klirren...
Einen Bruch stellt Fayrouz Abdelhakams Werk dar: Zunächst sieht man bunte Kiesel in Stoff, fühlt sich erinnert an Kinderspiele. Der Hintergrund aber trifft wie ein Schlag: Ihr geht es um die Steinigung von Frauen im Sudan. (na)
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